Die Bestimmung der offenen Porosität und Rohdichte ist neben der Bestimmung der Festigkeit die häufigste Analyse, die wir bei uns im Haus durchführen – und auch eine der simpelsten. Trotzdem ist sie eine der wichtigsten Prüfmethoden, um eine Probe (zum Teil sogar zerstörungsfrei) zu charakterisieren. Denn über die offene Porosität können direkt Schlüsse auf andere physikalische Eigenschaften gezogen werden.
Pauschal wird oftmals gesagt: Je niedriger die Porosität, desto besser das Material, schließlich ist bekannt, dass dichte Keramiken mitunter die höchsten Festigkeiten, wenig Angriffsfläche für Chemikalien und eine hohe Härte aufweisen. In einem unserer aktuellen Projekte muss die Keramik zum Beispiel auch gasdicht sein, damit sie als Katalysatormembran eingesetzt werden kann.
Trotzdem gibt es auch Fälle, in denen die Porosität in einem bestimmen (höheren) Bereich, oder generell so hoch wie möglich liegen sollte.
Doch wieso?
Das möchten wir in diesem Blogbeitrag gerne weiter ausführen und beleuchten als erstes den Einsatz von Keramiken als Filter. Hier machen die Eigenschaften von Keramiken wie chemische Inertheit, Temperatur- und Verschleißbeständigkeit diese zu idealen Kandidaten für viele verschiedene Anwendungen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie sowie in der Gas-, Wasser- und Abwasserbehandlung.
Beim Filtrieren strömt ein Gas oder eine Lösung durch die Kanäle einer porösen Struktur, wobei Partikel zurückgehalten werden, wenn ihre Größe den Radius der Poren überschreitet. Die Reste strömen durch die Poren des Filters.
Keramische Filter mit großen Poren im Mikrometerbereich funktionieren mit einfacher Siebwirkung (Makro- und Mikrofiltration); wird die Porengröße für die Mikrofiltration (MF), Ultrafiltration (UF), Nanofiltration (NF) und Umkehrosmose (RO) verkleinert, sind andere Kräfte wie Druck oder chemisches Potenzial für eine effektive Filtration erforderlich.
Unabhängig vom Filtrationsprinzip findet die Trennung immer durch offene Poren statt. Ihr Vorhandensein ist entscheidend für die Funktion der Filtration (dichte Membranen, in denen der Stofftransport durch Ionendiffusion durch das Kristallgitter erfolgt, sind ausgeschlossen). Geschlossene Poren sind dagegen Sackgassen und offensichtlich ungünstig für den Stofftransport.
Gegenteilig verhält es sich bei Keramiken, die eine möglichst hohe Thermoschockbeständigkeit haben sollen. Wo es bei Filtern darum geht, den offenen Porenraum so hoch wie möglich zu bekommen, gibt es bei diesen Materialien ein Porenoptimum – möglichst geschlossen.
Bei Keramiken verursachen Temperaturschwankungen thermische Spannungen und lösen Mikrorisse aus, die das gesamte Bauteil beschädigen können.
Experimentelle Untersuchungen verschiedener dichter und poröser Keramiken bestätigen, dass das Einbringen eines bestimmten Maßes an Poren in die keramische Struktur die Wechselwirkung zwischen Rissen und Poren potenziell verbessern und die für die Rissausbreitung erforderliche Bruchenergie erhöhen kann. Das bedeutet, dass wir durch eine bestimmte Menge an Porosität das σ/E-Verhältnis (Festigkeit zu Elastizitätsmodul) verbessern und somit die Thermoschockbeständigkeit optimieren können.
Ein weiterer Bereich, den wir in unserem Beitrag nicht außer Acht lassen wollen, ist die Anwendung in der Medizin. Hier weisen manche Keramiken eine ganz besondere Eigenschaft auf: Die Bioaktivität.
Bioaktivität ist definiert als die Eigenschaft von Materialien, eine direkte, adhärente und starke Verbindung mit dem umgebenden Gewebe zu entwickeln, was der Schlüsselparameter für die Entwicklung weiterer Verbindungen zwischen Implantat und Knochen ist. Knochenimplantate beispielsweise werden häufig zur Unterstützung des Knochenwachstums verwendet, wenn sie sich im Körper auflösen. Daher sind für viele Biomaterialien eine gute Biokompatibilität zusammen mit einer guten Festigkeit und Zersetzungsrate wünschenswert.
In einer porösen bioaktiven Keramikvorrichtung (Implantat oder Gerüst) sind die Größe der Poren und die Interkonnektivität zwischen den Poren die entscheidenden Faktoren für das Einwachsen von Knochen oder lebenden Zellen. Die optimale Porengröße für das Einwachsen von Knochen wird mit 100-400 µm angegeben, darüber hinaus behindern lange oder enge Verbindungen das Einwachsen von Gewebe und sollten daher vermieden werden.
Zusammenfassend wird klar, dass poröse Keramiken in vielen, sehr unterschiedlichen Bereichen Anwendung finden. Die Ausbildung der Poren kann jedoch nicht dem Zufall überlassen werden, viel mehr wird versucht, eine poröse Struktur zu erzeugen, deren Poren hinsichtlich ihrer Größe, Form und Verteilung genau definiert sind.
AM-Techniken bieten vielversprechende Möglichketen für die Herstellung poröser Keramiken und die präzise Kontrolle der Porengrößenverteilung. Im Falle des Binder Jettings wird dies durch die Kontrolle der Druckschichtdicke und der aufgetragenen Tinte gewährleistet. Durch Variation der Druckschichtdicke oder den Einsatz mehrerer Druckköpfe ist es zudem möglich, in einem Herstellungsschritt Membranträger und Membranschichten mit unterschiedlichen Porositäten herzustellen. Darüber hinaus ist die Verwendung von Ausbrennstoffen in der Pulvermischung eine Option, wenn eine bestimmte Porengröße erforderlich ist. Die Porengröße von 3D-gedruckten porösen Keramiken kann zwischen einem und Hunderten von Mikrometern bei feinen Keramiken und bis zu einigen Millimetern bei gröberen Strukturen variieren oder, falls erforderlich, einer funktionell abgestuften Porositätsstruktur, was zu einem festen Werkstoff mit bemerkenswert hoher Thermoschockbeständigkeit führt.
Viele fortschrittliche AM-Verfahren werden bereits eingesetzt, um maßgeschneiderte biokeramische Teile mit spezieller Struktur und gewünschter Porosität herzustellen, die sowohl biokompatible als auch bioaktive Eigenschaften für verschiedene Anwendungen aufweisen.



